Leitungsstile

Im Vorfeld bitte ich zu entschuldigen, dass der Text ausschließlich in männlicher Sprachform verfasst wurde. Ich möchte natürlich auch alle weiblichen GruppenleiterInnen und TeilnehmerInnen mitverstanden wissen.

Wie man mit einer Gruppe arbeitet hängt sicherlich ganz stark mit der eigenen Persönlichkeitsentwicklung und eigenen Erfahrungen zusammen. Trotzdem gibt es verschiedene Herangehensweisen an die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Alle haben Vor- und Nachteile. Jeder Gruppenleiter wird im Laufe der Zeit seinen eigenen Stil entwickeln, um mit Gruppen zu arbeiten. Grundsätzlich kann man die Leitungsstile grob in drei Kategorien unterteilen (es gibt allerdings jede Menge Mischformen und Nuancen).

Autoritäre Leitungsstil
Lässiger Stil / “laissez-faire”
Demokratischer / partnerschaftlicher Stil


 

Autoritärer Leitungsstil:

Der Gruppenleiter lässt immer erkennen, dass er der Boss ist. Er ist der Alleinherrscher und bestimmt über alle Inhalte einer Gruppenstunde. Er informiert die Teilnehmer nur über den nächsten Programmpunkt und nicht darüber hinaus über das „wie“ und „warum“. Die meisten Inhalte gestaltet er nach seinen Interessen und Fähigkeiten. Denn er darf sich nicht blamieren, indem er etwas nicht kann – das würde seine Unantastbarkeit in Frage stellen.

Autoritärer StilDer autoritäre Gruppenleiter teilt bei Spielen die Mannschaften ein und verteilt einzelne Aufgaben. Er hat grundsätzlich immer das letzte Wort und diskutiert wird sowieso nicht. Er fällt alle Entscheidungen ohne Begründungen dafür zu geben. Seinen Führungsstil erkennt man daran, dass er Anordnungen und Befehle ausspricht. Er kontrolliert die Teilnehmer strikt und straft teilweise sehr hart (auch körperlich).

Als Folge dieses Verhaltens buhlen alle Teilnehmer um die Gunst des Leiters und kümmern sich nicht umeinander. Die Beziehungen der Teilnehmer untereinander sind eher von Konkurrenz und Aggression geprägt. Die schwächeren Teilnehmer ziehen sich noch mehr zurück und schwierige Gruppenmitglieder werden vom Leiter ausgeschaltet. Die Teilnehmer reagieren mit absolutem Gehorsam und Disziplin, oft aus Angst vor Bestrafung oder Demütigung. Initiative, Kreativität und Selbstbestimmung sind in autoritär geführten Gruppen nicht vorhanden (und auch nicht geduldet).

Das Ziel des autoritären Leiter ist es, eine Elitetruppe zu schaffen, die einwandfrei funktioniert. Sie soll sein Aushängeschild sein über dass er sich seine Genugtuung holt.

Vorteile des autoritären Stiles:

  • Der GL hat eine gute Kontrolle und Übersicht über die Gruppe.
  • Das geplante Programm kann ungestört durchgeführt werden.
  • Es werden keine zeitintensiven Diskussionen geführt.
  • Die Teilnehmer haben eine klare Struktur und Orientierung – sie wissen, was sie zu tun haben.
  • Feste Regeln geben Sicherheit (wenn sie einen Sinn ergeben).
  • Ruhe und Disziplin in der Gruppe

Nachteile des autoritären Stiles:

  • Die TN können keine eigene Meinung entwickeln.
  • Sie lernen nicht, ihre eigenen Ideen vorzutragen.
  • Lustlosigkeit und Passivität, weil man ja eh nichts ändern kann.
  • Es entwickelt sich kein Vertrauen zum Gruppenleiter und untereinander.
  • Die TN können kein Selbstbewusstsein aufbauen
  • Es besteht eine starke Hierarchie – keine Chance für Außenseiter.
  • Die Kritikfähigkeit wird unterdrückt.
  • Es besteht ein absoluter Gruppenzwang.
  • Keine Entwicklung von Eigenverantwortung und Mitbestimmung

 

Lässiger Stil / “laissez-faire”

Der Gruppenleiter der den lässigen Stil verfolgt tut eigentlich so, als sei er ein TAntiautoritärer Stileilnehmer der Gruppe oder als wäre er gar nicht anwesend. Ihm ist alles egal und die Gruppe kann machen, was sie will. Die Teilnehmer nehmen den Leiter kaum wahr und erst recht nicht ernst. Er greift in keiner Situation aktiv in das Gruppengeschehen ein, sondern lässt sich „mitschleifen“. Die Gruppe wird mit dem „Alleinsein“ oft nicht fertig, es passiert nichts und es bilden sich zusätzlich noch kleine Cliquen und Grüppchen, die gemeinsam die Zeit verbringen. Die Starken in der Gruppe geben den Ton an und greifen auch zu unfairen Mitteln, um ihre Stellung zu untermauern. Der Gruppenleiter sieht dabei zu, würde aber niemals in einen Konflikt eingreifen (das wäre ja viel zu anstrengend).

Der „lässige Gruppenleiter“ vertritt die Ansicht, dass die Teilnehmer durch seine Leitung dazu gefordert werden, aktiv und selbstbestimmt zu agieren und somit Selbstständigkeit und –bestimmung erlernen könnte. Dies ist aber meistens nicht der Fall. Die Teilnehmer suchen eine Identifikationsfigur, an der sie sich orientieren und der klare Regeln des Zusammenlebens aufstellt und vorlebt – leider finden sie ihn in solch einer Konstellation nicht. Sie sind frustriert, desorientiert und werden handlungsunfähig. Ein „Wir-Gefühl“ wird es in einer lässig geführten Gruppe nie geben.

Die eigentlichen Gründe für das gleichgültige Verhalten des Gruppenleiters sind häufig Desinteresse oder sogar Abneigung gegen die Gruppe / Arbeit.

Vorteile:

  • Die Teilnehmer lernen Entscheidungsfreiheit kennen.
  • Für den Gruppenleiter ist der Stil sehr entlastend, denn er braucht sich nicht auf eine Gruppenstunde vorbereiten.
  • In manchen Situationen lernen die TN Selbständigkeit
  • Es gibt viele Freiheiten etwas zu tun.
  • Es entsteht ein eigenes soziales Gefüge.
  • Als Leiter ist man häufig sehr beliebt.

Nachteile:

  • Die Teilnehmer lernen keine Grenzen kennen
  • Die Starken regieren die Schwachen.
  • Es gibt unzufriedene Minderheiten.
  • Es kann zum Missbrauch von Gesetzen kommen (z.B. Alkohol, Rauchen, etc.)
  • Der Leiter wird nicht ernst genommen.
  • Es kann kein Gruppengefühl entstehen.
  • Hohe Gefahr der Verletzung der Aufsichtspflicht.
  • Schwächere bleiben auf der Strecke.
  • Die Gruppe spaltet sich auf.

 

Demokratischer / partnerschaftlicher Stil:

Der Leiter arbeitet bewusst mit der Gruppe. Er erkennt die Fähigkeiten der einzelnen Charaktere und kann diese fördern und fordern. Er übergibt einen Teil der Verantwortung an die Gruppe und bindet sie in Entscheidungsprozesse aktiv ein. Er unterstützt die Ideen von einzelnen und will der Gruppe helfen, Gruppe zu sein (zu werden) und ihre Ziele zu erreichen. Auf den Weg dahin gibt er Lösungsmöglichkeiten und neue Perspektiven, die mit der Gruppe gemeinsam besprochen werden. Entscheidungen werden immer mit allen getroffen. Er ist Berater, Trainer, Helfer, Vermittler. Er stärkt die Schwachen und bremst auch die Starken einmal aus. Er versucht in der Gruppe eine Eigendynamik zu entwickeln, so dass er sich im weiteren Verlauf mehr und mehr aus den Prozessen herausziehen kann. Er nimmt soviel teil wie nötig und so wenig wie möglich. Er möchte, dass die Gruppe auch dann gut läuft, wenn er einmal nicht zugegen sein kann. Er weiß Gruppenleistungen eher zu schätzen, als Einzelleistungen.

Sein Grundprinzip ist Fairness und Sicherheit. Es gibt klare Regeln, die zusammen erarbeitet wurden und an die sich alle halten.

Vorteile:

  • Die Teilnehmer erlernen Eigenständigkeit und Verbindlichkeit.
  • Sie arbeiten an ihrer Kompromissfähigkeit.
  • Es entstehen Motivation und abwechslungsreiche Ideen.
  • Die Teilnehmer haben großes Vertrauen zum Gruppenleiter und wenden sich auch bei privaten Problemen an ihn.
  • Verbote sind klar nachvollziehbar.
  • Es entsteht Meinungsfreiheit und –bildung.
  • Gleichberechtigung aller Gruppenmitglieder.
  • Außenseiter gibt es nicht, alle Gruppenmitglieder sind gleich wertvoll.
  • Jedem Teilnehmer werden seine Stärken und Fähigkeiten verdeutlicht.

Nachteile:

  • Dieser Führungsstil ist der zeitaufwendigste für Gruppenleiter, da er viele Diskussionen mit der Gruppe führt.
  • In schwierigen Situationen ist der Führungsstil ineffizient, bzw. sogar gefährlich. Z.B. müssen in die Teilnehmer in Gefahrensituationen einfach den Anweisungen des Leiters folgen, ohne diese zu hinterfragen.
  • Er muss sehr spontan sein, damit er sich auf Ideen und Situationen einlassen kann.
  • Der Führungsstil ist sehr altersabhängig, jüngeren Kindern kann solch eine Verantwortung für die andern nur in kleineren Maßen abverlangt werden.
  • Es gibt keine optimalen Lösungen, sondern es gibt häufig nur Kompromisse.
  • Zu viele Diskussionen können langweilig werden.
  • Es erfordert eine sensible Beobachtungsgabe des Gruppenleiters, versteckte Konflikte zu entdecken oder Interessen zu erspüren.